Die Gesellschaft des kolonialen Martiniques von 1660 setzt sich aus 2.580 Franzosen und anderen Europäern, sowie 2.683 Afrikanern (diese sind in der Regel versklavt) und autochthonen Kariben (teilweise versklavt, teilweise frei) zusammen, die sich auf insgesamt 621 habitations verteilen (siehe Petit Jean Roget 1980, 940). Die Zahl der Sklaven ist mit etwas über 50% schon in den Anfängen der Kolonialgesellschaft höher als die der weißen Siedler. Die Zahl der Sklaven wird sich auch in den darauffolgenden Jahrzehnten weiter erhöhen und bereits 1680 sind es 7% mehr Sklaven als Weiße. Dabei handelt es sich nicht nur um Afrikaner, sondern auch vereinzelt um Kariben, deren Fähigkeiten vor allem in der Küche und bei der Fischerei gefragt sind (siehe Petit Jean Roget 1980, 1120).
Die anfänglichen Generationen auf Martinique sind durch ein starkes Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen, sowohl in der weißen, als auch in der schwarzen Bevölkerung geprägt. Im Jahr 1683 sind von den 14085 Einwohner Martiniques nur 921 weiße Frauen gegenüber 1806 weißen Männern (siehe Pierre-Louis 2015, 10f). Das Fehlen weißer Frauen ist ein Grund für die schnelle Mischung von Weißen und Schwarzen, sodass bereits 1650 Ehen zwischen weißen Männern und schwarzen Frauen geschlossen werden. Bis Ende des 17. Jahrhundert gibt es diesbezüglich keine Vorgaben oder Einschränkungen von der französischen Justiz. Erst mit dem Code noir werden Gesetze geschrieben, die eine Mischung untersagen und dadurch die Trennung von Weißen und Schwarzen verstärken. Ab 1670 legt sich das Ungleichgewicht der Geschlechter etwas, da die erste Generation kreolischer Mädchen ins heiratsfähige Alter kommt (siehe Cousseau 2015, 137-139).
In der kolonialen Gesellschaft auf Martinique korrelieren die konträren Konzepte HERR und SKLAVE mit „weiß“ und „schwarz“. Zumindest aus französischer Sicht bestimmt die Hautfarbe über juristischen Status und Einordnung in den „Oben-Unten-Raum“. Das Wort „nègre“ ist ein Synonym für „Sklave“ und je heller die Haut, desto höher ist der juristische Status. Allerdings lässt sich diese theoretische Sicht nicht auf die koloniale Realität übertragen, da die Gesellschaft der damaligen Zeit bereits im 17. Jahrhundert viel komplexer ist und sich eine klare Einordnung in den „Oben-Unten-Raum“ durch viele Einzelfälle und die vermehrte Präsenz der gemischten „Rassen“ (zur Erklärung des hier verwendeten Begriffs "Rasse") als schwierig erweist (siehe Pierre-Louis 2015, 6).
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