Die Musik und der Tanz sind wichtige Elemente im Leben der Sklaven. Alle Feste und Zeremonien werden von rhythmischen Tänzen und Musik begleitet (Günther 1982, S.56) und teilweise dient der Tanz, unter der Einwirkung von Alkohol, auch nur zur Befreiung der täglichen Ausbeutung (siehe Coquery-Vidrovitch 2013, 213). Bis 1800 ist die Musik sogar ausschließlich afrikanisch und als Instrumente werden nur Trommeln, Rasseln und Reibeinstrumente verwendet (siehe Günther 1982, 56). Der BEFREIENDE TANZ meint hier einen Tanz, bei dem es darum geht sich von dem Schmerz zu erlösen und loszulassen. Dabei stehen sich Männer und Frauen gegenüber, hüpfen aufeinander zu und stoßen, wie es für Tänze afrikanischen Ursprungs üblich ist, der Unterleib oder das Geschlechtsteil gegeneinander (siehe Confiant 2007, Bd.I,529). Möglicherweise hat dieser Tanz, wie auch der afro-karibische Tanz Calenda, seinen Ursprung im zentralafrikanischen Bantustil aus Kongo und Angola, der viel Einfluss auf die Subkultur der Sklaven hat (siehe Günther 1982, 41f).
Konzept |
kreol. Bezeichnung |
fr. Bezeichnung |
Etymologie |
lexikologische Prozesse |
BEFREIENDER TANZ |
gawoulé
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Gawoulé (En.), danse esclave
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fr. "garouyer" (Bollée) ? oder fr. rg. "cahuler" (Confiant) ?
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Bedeutungserweiterung, metonymischer Wandel |
AUFSTAND WEIßER GROßGRUNDBESITZER |
metaphorischer Wandel |
AUFSTAND |
Bedeutungserweiterung, Synekdoche |
Der BEFREIENDE TANZ trägt im Kreol von Martinique die selbe Bezeichnung wie ein Aufstand der weißen Großgrundbesitzer im Jahr 1717 und den Aufstand als allgemeines Konzept. Es wird also der Aufstand der Weißen mit dem Tanz der Sklaven verglichen und deshalb dieselbe Bezeichnung verwendet. Dieser metaphorische Vergleich dehnt sich dann weiter aus und das Ereignis des Aufstandes wird zum Namensgeber für das Konzept AUFSTAND, also dem Hyperonym des untergeordneten Einzelaufstandes. Leider gibt es kaum Information zu dem BEFREIENDEN TANZ auf Martinique und es lässt sich nicht eindeutig beweisen, dass zunächst der BEFREIENDE TANZ von den Sklaven selbst mit „gawoulé“ bezeichnet wird und der Aufstand der weißen Großgrundbesitzer mit dem unzüchtigen Tanz der Sklaven verglichen wird und dieselbe Bezeichnung erhält. Man kann aber davon ausgehen, dass durch eine Bedeutungserweiterung (Synekdoche) weitere Aufstände auch „gawoulé“, wie das Einzelereignis, genannt werden.
Jedenfalls verzeichnet Ludwig/Montbrand/Poullet/Telchid 2002 in dem Kreolisch-Französischen Wörterbuch ebenfalls den Begriff „gawoulé“, der als „combat faisant un grand chahut [...]“ (siehe , 139) als Aufstand, Krach, Krawall definiert ist. In dem „Dictionnaire Etymologique des Antilles Francaises“ von Annegret Bollée, das zwar noch nicht vollständig ist, aber bereits vorläufige Einträge online veröffentlicht sind, ist das Wort „garouyer“ eingetragen, das auf Saint Lucia „to enjoy (oneself, with dance, drink, etc.)“ und ist möglicherweise das Etymon für die veraltete Bezeichnung „gawoulé“ für das Konzept BEFREIENDER TANZ. Bollée vermerkt aber auch die Möglichkeit eines afrikanischen Etymons (siehe Bollée 2015, G,18f). In Confiant 2008 ist das regionale Verb „cahuler“ als Etymon angegeben, wobei sich hierzu keine weitere Information in der Literatur finden lässt.
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