< < Vorheriger BeitragNächster Beitrag > >

VerbaAlpina (VA): Eine webbasierte, raumorientierte Forschungsumgebung

Version:

Zitation: Thomas Krefeld (2019): VerbaAlpina (VA): Eine webbasierte, raumorientierte Forschungsumgebung. Version 4 (28.03.2019, 12:56). Lehre in den Digital Humanities. , url: https://www.dh-lehre.gwi.uni-muenchen.de/?p=30811&v=4



Das Projekt VerbaAlpina (VA) (Krefeld/Lücke 2014-) steht in der ethnolinguistisch ausgerichteten Tradition der romanistischen Sprachatlanten und nimmt Anregungen der neueren germanistischen Atlanten auf. Allerdings werden in mehrfacher Hinsicht ganz neue Wege eingeschlagen. Da im Webauftritt des Projekts viel beschreibender Text vorhanden ist, werden hier nur einige Schlagworte genannt und mit weiterführenden Links hinterlegt. Zunächst ist festzuhalten, dass die Verwendung von Webtechnologie gestattet, die etablierten Gattungsgrenzen zu überwinden und die jeweiligen spezifischen Funktionalitäten traditioneller Gattungen (Atlas, Wörterbuch, analytischer Text) produktiv zu verschränken. Vor diesem Hintergrund lässt sich VerbaAlpina als webbasierte raumbezogene Forschungsumgebung mit unterschiedlichen Funktionsbereichen charakterisieren. Weiterhin wird ein Raum selektiv beschrieben und kartographisch dargestellt, in dem Dialekte aus drei Sprachfamilien (Romanisch, Germanisch, Slawisch) seit ca. 1500 Jahren in Kontakt stehen; da die traditionelle Dialektologie sich ausschließlich mit einsprachigen Räumen oder wenigstens mit Dialektkontinua einer einzigen Sprachfamilie befasst, wurde VA als interlinguale Geolinguistik konzipiert (vgl. Krefeld 2018q). Um das weite Mosaik dieser zahlreichen lokalen Varietäten in möglichst repräsentativer Weise abzubilden, führt VA die verfügbaren Materialien der bereits publizierten Sprachatlanten des Alpenraums (vgl. Krefeld 2018t) in retrodigitalisierter Form zusammen und ergänzt sie um georeferenzierbare Wörterbucheinträge und neue Belege, die mittels Crowdsourcing durch das Projekt selbst erhoben werden (vl. die Funktion Mitmachen!).   

Die aktuelle Kontaktsituation, die sich in erster Linie als räumliches Nebeneinander verschiedensprachiger Adstrate (vgl. Krefeld 2018q) präsentiert, ist Ergebnis mehrfacher Überlagerungen  und damit verbundener Expansionen und Reduktionen: vorrömische, nur sehr vage und punktuell greifbare Völkerschaften und Sprachen wurden im gesamten Alpenraum durch das Lateinisch-Romanische überlagert, das sich in den Westalpen und am südlichen Alpenrand bis heute erhalten hat. In den Zentral- und Ostalpen wurde es jedoch seinerseits seit der Spätantike durch germanische und/oder slawische Sprachen überlagert und verdrängt. Es ist daher selbstverständlich, dass sich Reste der jeweils vorigen Sprachschichten (sogenannte Substrate) in allen Sprachgebieten erhalten haben. Diese historische Überschichtung wird noch dadurch verkompliziert, dass manche der bis heute romanischen und slawischen Gebieten zeitweise unter germanischsprachiger Herrschaft (sogenannte Superstrate) standen. Die historische Lexikographie alpiner Dialekt muss daher die Wortgeschichte immer im Rahmen einer sprachlichen Stratigraphie (Krefeld 2018r) schreiben. Von grundlegender Bedeutung für die Rekonstruktion der lokalen und regionalen Stratigraphie ist die Onomastik, die sich der Erforschung der Namen, speziell der Orts-, Flur- und Gewässernamen  (Krefeld 2018o) widmet.    

Bibliographie

  • Krefeld 2018o = Krefeld, Thomas (2018): Romanisches Substrat: Makroskopie und Mikroskopie (im Karwendel). Version 8 (18.07.2018, 12:54), in: Lehre in den Digital Humanities, München, LMU (Link).
  • Krefeld 2018q = Krefeld, Thomas (2018): Interlinguale Geolinguistik, in: Methodologie, VerbaAlpina-de 18/2 (Link).
  • Krefeld 2018r = Krefeld, Thomas (2018): Stratigraphie, in: Methodologie, VerbaAlpina-de 18/2 (Link).
  • Krefeld 2018s = Krefeld, Thomas (2018): Strata, in: Methodologie, VerbaAlpina-de 18/2 (Link).
  • Krefeld 2018t = Krefeld, Thomas (2018): Sprachatlanten im Alpenraum, in: Methodologie, VerbaAlpina-de 18/2 (Link).
  • Krefeld/Lücke 2014- = Krefeld, Thomas / Lücke, Stephan (Hrsgg.) (2014-): VerbaAlpina. Der alpine Kulturraum im Spiegel seiner Mehrsprachigkeit, online [Ultimo accesso 20/01/2019 ore 16:02] (Link).
< < Vorheriger BeitragNächster Beitrag > >

2 Antworten

  1. Sehr geehrter Herr Krefeld,

    anbei finden Sie einen interessanten Artikel (von Elspaß&Möller), welcher den Ablauf einer Online Datenerhebung anhand des Atlasses der deutschen Alltagssprache beschreibt. Hier werden beispielsweise die Vorteile einer Online-Datenerhebung genannt oder welche Vorraussetzungen die Befragten erfüllen müssen. Auch interessant ist, was unter „Alltagssprache“ überhaupt verstanden werden kann/soll.

    Liebe Grüße

    Mirjam Hauter

Schreibe einen Kommentar