0.1. 3. Königreich Granada - arabische Poesie und der jüdische Einfluss/ Jarchas (Sprechen)
=> 3 wichtige Gattungen in der arabischen Poesie:
- qasīda: Gedicht in klass. arabischer Sprache, nur ein einziges Metrum, gleichbleibender Endreim; im ersten Vers Binnenreim, der sich mit dem Endreim deckt
- muwaššah: Gedicht in klass. arabischer Sprache, mit volkssprachlichem Abschluss, der Jarcha (engl. kharja, dt. Chardscha); komplexe strophische Form, Verbreitungsgebiet v.a. in Al-Andalus
- zagal (span.: zéjel): Gedicht in Vulgärarabisch; komplexe stophische Form, kein fremdsprachlicher Abschluss, v.a. in Al- Andalus verbreitet
=> die wichtigsten Merkmale der Jarcha:
- der Anfang der letzten Strophe der muwaššah ist noch in klass. Arabisch gehalten und enthält eine Inquit-Formel, an die sich in den letzten beiden Versen die Rede eines verliebten Mädchens anschließt (keine arab. Hochsprache, entweder romanische oder arabische Volkssprache, enthält oftmals Arabismen) - diese bildet die Jarcha
- Sprechkontext des Liebesgedichts: literater muslimischer oder jüdischer Jüngling und illiterate Christin; unsterbliche Verliebtheit von Seiten des Jünglings vs. spöttische Zurückweisung durch die Christin, oder aber Sehnsucht nach Geliebtem
- ca. 600 muwaššahāt bekannt, davon ungefähr 60 mit romanischer Jarcha
- der Hauptteil der muwaššahāt ist in arabischer bzw. hebräischer Hochsprache gehalten - (ältere) arabische & (jüngere) hebräische Serie
- oftmals Verwendung derselben romanischen Jarcha in unterschiedlichen muwaššahāt
- die Schrift der muwaššahāt ist durchgehend arabisch oder hebräisch, auch in der Jarcha
- PROBLEM: in semitischen Schriften gibt es keine Vokale => müssen mühsam erschlossen werden (Unsicherheiten !); außerdem oftmals fehlerhafte Schreibungen oder beschädigte Manuskripte
- bei manchen Jarchas: inhaltliche und formelle Überschneidungen mit den cantigas de amigo, ABER: hier ein verliebtes Mädchen, das über Liebeskummer oder die Abwesenheit des Mannes klagt (mögl. Erklärung: etwa zur selben Zeit entstanden, cantigas de amigo im äußersten Nordwesten, Jarchas im Süden)
- Hypothese zu möglichen Adressaten der muwaššah inklusive der abschließenden Jarcha: aufgrund der vorwiegenden Hochsprache im Gedicht vermutlich gebildete Muslime oder andere Juden - Christen eher weniger (hauptsächlich Mozaraber, vermutlich auch Verständnisproblem)
=> Jarcha 1: http://www.jarchas.net/jarcha-1.html
- Sehnsucht nach dem Geliebten
=> Jarcha 2: http://www.jarchas.net/jarcha-2.html
- eher ungewöhnlich: offenbare Ansprache einer anderen Frau (?)
- Sehnsucht nach Geliebtem
=> Jarcha 7: http://www.jarchas.net/jarcha-7.html
- offene Thematisierung von Alkohlkonsum und Geschlechtsverkehr
=> Jarcha 8: http://www.jarchas.net/jarcha-8.html
- hier offene Zurückweisung des Geliebten
- Forderung: er soll sich mit der entkörperlichten/geistigen Liebe zufrieden geben (= petrarkistisches Modell (?))
weitere Jarchas: http://www.jarchas.net/jarchas-1---15.html
Literatur:
VL Prof. Dr. Bernhard Teuber: ,,Spaniens drei Kulturen in der Literatur'', WiSe 2015/16.