Neben dem Sklavenaufstand, der immer gewaltsam niedergeschlagen wird, gibt es ein Verbrechen, das die Herren besonders fürchten und nicht vermeiden können. Der Versuch zur Flucht in die Wälder ist auf Martinique und auf den anderen Inseln der Kleinen Antillen ein meist zum Scheitern verurteiltes und hart bestraftes Verbrechen. Meistens sind es neu angekommene Sklaven, die aus Angst und Schock fliehen und kaum kreolische Sklaven, da diese sich bereits an die Situation angepasst haben und im Wald nicht mehr überlebensfähig wären. Die größten Überlebenschancen als Geflohene sind diejenigen Sklaven, die schon seit einiger Zeit als Sklave leben, aber noch nicht so lange, dass sie nicht mehr im Wald überleben können (siehe Fleischmann 1986, 83f). Es wird bei diesem Verbrechen die „petit marronage“ und die „grand marronage“ unterschieden. Bei ersterem handelt es sich um einzelne Sklaven, die fliehen, aber entweder nicht lange überleben oder sich kurz darauf selbst stellen. Die „grand marronage“ stellt das echte Problem für die Herren dar und bezeichnet ganze Banden von geflohenen Sklaven, die Plantagen plündern oder zu Aufständen aufrufen (siehe Coquery-Vidrovitch 2013, 176). Auf Martinique gibt es gegen 1665 eine Bande mit mehr als 400 Personen, die sich im Wald organisieren und in kleinere Gruppen aufteilen, um Nahrung und Waffen von Plantagen zu stehlen (siehe Coquery-Vidrovitch 2013, 178). Die Weißen versuchen durch regelmäßiges Absuchen des Waldes die geflüchteten Sklaven zu finden. Wenn ein Sklave eingefangen wird oder sich freiwillig stellt wird er hart bestraft, z.B. durch Abschneiden eines Ohrs, Durchtrennen der Kniekehlen oder sogar mit der Todesstrafe (siehe Delacampagne 2004, 176).
Während für den Herrn die Flucht ihrer Sklaven ein großes Problem darstellt, zumal Ende des 18. Jahrhunderts die Zahl der geflüchteten Sklaven stark ansteigt (siehe Bégot 2008, 77), werden diese in kreolischen Geschichten als Helden gefeiert und verehrt. Die Realität ist allerdings meistens eine andere: die Flucht bedeutet keine Besserung der Lebensbedingungen und die kleine Insel Martinique bietet nicht genug Rückzugsmöglichkeiten, sodass viele geflüchtete Sklaven entdeckt werden oder freiwillig zurückkehren. Wenn sie es schaffen eine versteckte Gemeinde zu bilden, dann ist das nur für eine beschränkte Zeit. Nur selten schaffen es Sklaven lange in den Wäldern zu überleben oder gar auf eine andere Insel zu kommen, wo sie in Freiheit leben können (siehe Fleischmann 1986, 80-82).
Konzept |
kreol. Bezeichnung |
fr. Bezeichnung |
Etymologie |
lexikologische Prozesse |
FLUCHT IN DEN WALD |
mawonaj, marronage (F.R.A.)
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marronage (m.)
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sp. "cimarron" < Taino
|
Entlehnung, Bedeutungserweiterung, metaphorischer Wandel, Substantivierung |
Der Begriff „marronage“ ist im gesamten amerikanischen Raum während der Kolonialzeit weit verbreitet. Ursprünglich kommt der Begriff wahrscheinlich von einem Lexem aus dem Taino (eine Sprache der Arawak) und wird in das Spanische als „cimarrón“ übernommen. Während sich der Begriff zunächst auf entflohenes Vieh bezieht, wird es dann bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts für die Bezeichnung von Sklaven, die in den Wald fliehen, verwendet (siehe Price 1996, 6f). Das kreolische Wort „marron“ ist entweder eine lexikalische Entlehnung aus dem Spanischen oder eine eigene Form, die sich aus dem Taino entwickelt hat (siehe Klimenkowa 2017, 10). Die Substantivierung erfolgt nach französischen bzw. kreolischen Konventionen.
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