1. Vorläufige Ergebnisse des Kurses 'Eisenzeit Digital' im Sommersemester 2017
1.1. Einleitung
Die Teilnehmer des Kurses 'Eisenzeit Digital' recherchierten im Sommersemester 2017 in folgenden Landkreisen eisenzeitliche Fundstellen:
- Berchtesgadener Land
- Ebersberg
- Erding
- Freising
- Fürstenfeldbruck
- Garmisch-Partenkirchen
- Stadt Ingolstadt
- Neuburg-Schrobenhausen
- Traunstein
Zwar ist hiermit bislang nur ein kleiner Teil Bayerns in der Datenbank erfasst, es konnten aber dennoch interessante Ergebnisse zum Wirken des eisenzeitlichen Menschen in unterschiedlichen Naturräumen Bayerns sowie zum Forschungsstand in den entsprechenden Räumen generiert werden. Die Auswertung umfasst sowohl die Hallstatt- als auch die Latènezeit.
Da die Koordinaten der Fundstellen nicht exakt, sondern gebündelt als Gemeindezentroide erfasst wurden, ist die exakte Lokalisierung von Siedlungskammern nicht möglich. Dennoch zeigt die Kartierung der Gemeinden, in denen eisenzeitliche Fundstellen vorhanden sind, regionale Tendenzen. In den südlichen Landkreisen, die teilweise oder ganz im Alpen- oder Alpenvorland liegen, sind nur in wenigen Gemeinden eisenzeitliche Fundstellen bekannt. In den weiter nördlich auf fruchtbareren Böden entlang der Flüsse Donau, Isar und Amper gelegenen Landkreise treten in den meisten Gemeinden entsprechende Fundstellen auf.
1.2. Einzelne Landkreise
1.2.1. Garmisch-Partenkirchen
Im Landkreis Garmisch-Partenkirchen sind nur wenige Fundplätze der Eisenzeit zu verzeichnen. Vor allem sind eisenzeitliche Aktivitäten durch mehrere Grabhügelgruppen im flacheren Norden des Landkreises bekannt. Sie datieren in die Hallstattzeit und die Frühlatènezeit. Für die Hallstattzeit sind zusätzlich noch eine Siedlungsstelle an der Schwarzen Wand in der Gemeinde Garmisch-Partenkirchen sowie der als Lehrgrabung durch die LMU wissenschaftlich untersuchte Brandopferplatz bei Farchant zu erwähnen, für den eine Nutzungszeit von HAC bis HAD3 nachgewiesen werden konnte. Beide Fundstellen spielen in der Latènezeit keine Rolle mehr.
In der jüngeren Latènezeit sind zwei Siedlungen und ein Opferplatz in der nördlichen Hälfte des Landkreises nachweisbar, zwei weitere Opferplätze und eine Siedlung lassen sich im selben Gebiet nur allgemein in die Latènezeit datieren.
Aufgrund des äußerst spärlichen Publikations- und Forschungsstandes für die Region ist eine Interpretation der Fundstellenverteilung natürlich mit Vorsicht zu betrachten, allerdings deuten sich Kontinuitäten zwischen der Hallstattzeit und der Frühlatènezeit an, die mit einer Veränderung von Bestattungssitten, Kultplätzen und der Siedlungsweise in der jüngeren Latènezeit enden.
1.2.2. Berchtesgadener Land und Traunstein
Im äußersten Südosten Bayerns finden sich in den Landkreisen Berchtesgadener Land und Traunstein etwas mehr Hinweise auf die eisenzeitliche Besiedlungsstruktur. In der Hallstattzeit sind vor allem Bestattungsplätze und einige wenige Siedlungsfunde im Alpenvorland sowie eine Gruppe von Opferplätzen nördlich des Chiemsees zu nennen, die durch einige Einzel- und Lesefunde im gebirgigeren Süden ergänzt werden. In den Gemeinden Marktschellenberg und Berchtesgaden sind die bayerischen Teile des auf österreichischer Seite gut erforschten Salzbergwerkes am Dürrnberg fassbar. Weiter nordwestlich sind hallstattzeitliche Siedlungsphasen einer bedeutenderen Siedlung auf dem Karlstein bei Bad Reichenhall nennenswert, die aber leider nie umfassender publiziert wurden.
In der Latènezeit intensivieren sich die Siedlungsspuren im Umfeld des Dürrnberges und am Karlstein und auch im Alpenvorland sind nun mehr Siedlungen als Bestattungsplätze bekannt. Größere Verschiebungen des Siedlungsgebietes scheinen allerdings nicht fassbar zu sein. Bemerkenswert ist die auch in der Latènezeit auffällige Konzentration von Opferplätzen im Norden des Chiemsees. Im selben Bereich in der Gemeinde Seeon-Seebruck ist auch eine jüngerlatènezeitliche offene Großsiedlung an einem Flussübergang nennenswert, an deren Stelle der römische vicus bedaium bestanden hatte. Zu umfassenderen siedlungsgeschichtlichen Untersuchungen zu diesem Gebiet wurden von W. Irlinger mehrere Artikel veröffentlicht.
1.2.3. Ebersberg
Der zu einem größeren Teil in der Münchner Schotterebene gelegene Landkreis Ebersberg ist in weiten Teilen frei von Fundstellen. Einige Grabhügelgruppen im Süden des Landkreises, vor allem im Eglhartinger Forst, weisen auf hallstattzeitliche Siedlungsaktivität hin, denen sich wenige spätlatènezeitliche Siedlungen anschließen lassen. Im Norden des Landkreises wurden neben hallstatt- und frühlatènezeitlichen Bestattungsplätzen vor allem in den Gemeinden Poing und Pliening verschiedene Siedlungen durch Notgrabungen u.a. bei der Ausweitung von Gewerbegebieten bekannt. Es handelt sich wohl vor allem um ländliche Siedlungen ohne Zentralfunktionen sowie Viereckschanzen und Herrenhöfe. Dieses Dichtezentrum setzt sich in gleicher Weise im Landkreis Erding fort. Auffällig ist das vergleichsweise geringe Aufkommen Früh- und Mittellatènezeitlicher Fundstellen in diesem Bereich.
1.2.4. Erding
Der Landkreis Erding ist im Osten durch das tertiäre Hügelland sowie die Ausläufer der eiszeitlichen Moränenlandschaft geprägt, während sich im Westen die flachen Ausläufer der Münchner Schotterebene finden. Im stärker reliefierten Osten finden sich sowohl in der Hallstatt-, als auch in der Latènezeit nur wenige Siedlungsstellen, Bestattungsplätze sind nicht vorhanden. Im Westen finden sich in der Hallstattzeit vor allem in den Gemeinden Erding, Oberding und Langenpreising verschiedene Siedlungsstellen, Bestattungsplätze sind eher unterrepräsentiert. Mit der Latènezeit steigt die Zahl der Fundstellen schlagartig stark an. Vor allem Siedlungsfunde prägen nach wie vor das Bild, neben denen sich aber auch einige Frühlatènezeitliche Grabhügel und mehrere Flachgräberfelder der Mittellatènezeit finden. Unter den Siedlungen ist die große Zahl an Viereckschanzen auffällig, die durch intensive Luftbildprospektionen identifiziert werden konnten. Hinweise auf größere Ansiedlungen mit Zentralfunktionen kamen bisher nicht auf.
Der immense Anstieg an Siedlungsfunden könnte mit einer Aufsiedlung des Gebietes in der Latènezeit erklärt werden, doch leider bieten die bislang publizierten und ausgewerteten Fundstellen nur wenige Anhaltspunkte für den Zeitpunkt dieses Vorganges, da bei den meisten Fundstellen keine exakte Datierung ermittelt werden konnte. Bei den meisten Fundstellen sind die publizierten Daten so spärlich, dass nicht einmal grobe Informationen über die Fundumstände ermittelt werden konnten.
1.2.5. Freising
Der Landkreis Freising ist im Süden durch die Ausläufer der Münchner Schotterebene sowie die Tallandschaften von Isar, Glonn und Amper, im Norden durch das tertiäre Hügelland geprägt. Im zuletzt genannten Gebiet finden sich während der gesamten Eisenzeit nur wenige Fundstellen. Entlang der Flusstäler sind jedoch zahlreiche Fundplätze zu verzeichnen, was nicht zuletzt der langjährigen Forschungsgeschichte in diesem Gebiet zu verdanken ist.
In der Hallstattzeit finden sich zahlreiche Siedlungen und Bestattungsplätze relativ gleichmäßig entlang der Flüsse verteilt. Die Konzentration in den Gemeinden Eching und Neufahrn ist durch die intensiven Grabungen im Zuge der Erschließung eines Gewerbegebietes an der Gemeindegrenze zu erklären.
In der Latènezeit ändert sich an der geographischen Verteilung der Fundstellen nur wenig, allerdings ist ein enormer Zuwachs an Fundstellen zu verzeichnen. Leider lassen sich keine Aussagen über den Zeitpunkt dieser Veränderung in der Besiedlung des Landkreises treffen, da die meisten Fundstellen nur grob in die Hallstattzeit oder Latènezeit datiert werden können und ohne weitere Auswertung publiziert wurden.
Vor allem Viereckschanzen, Herrenhöfe sowie unbefestigte Einzelgehöfte, Dörfer und Weiler prägten in der gesamten Eisenzeit die Siedlungslandschaft. Hinweise auf größere Ansiedlungen mit Zentralfunktionen kamen bisher nicht auf.
1.2.6. Fürstenfeldbruck
Im Landkreis Fürstenfeldbruck sind vor allem verschiedene Grabhügelgruppen aber auch Siedlungen der Hallstatt- und Frühlatènezeit bekannt. In der jüngeren Latènezeit treten die Siedlungen gegenüber den Bestattungsplätzen in den Vordergrund. Vor allem die großflächigeren Grabungen und die Prospektionen des örtlichen archäologischen Vereins in Germering sind hervorzuheben. Hier wurden mehrere Siedlungsareale der Hallstatt- und Latènezeit nachgewiesen, unter anderem wird eine jüngerlatènezeitliche Großsiedlung mit umfangreicher Glasproduktion vermutet. Markante Änderungen im Siedlungsverhalten lassen sich anhand der Fundstellenverteilung nicht erkennen.
1.2.7. Ingolstadt und Neuburg-Schrobenhausen
Der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen fällt durch eine Konzentration von unterschiedlichen Fundstellen entlang der Donau auf, die in vorgeschichtlichen Gesellschaften eine wichtige Funktion als Verkehrsachse gehabt haben dürfte. Abgesehen von einer relativ geringen Anzahl mittellatènezeitlicher Fundstellen scheinen sich keine tiefgreifenderen Verschiebungen in der Siedlungsaktivität abzuzeichnen. Der Einfluss des Naturraum auf die Siedlungsweise wird hier aber besonders auffällig. Während der von der Donau geprägte Norden des Landkreises durchgehend dicht besiedelt ist, finden sich im Donaumoos und den Ausläufern des tertiären Hügellandes nur spärliche Hinweise auf menschliche Aktivitäten.
Vor allem in der kreisfreien Stadt Ingolstadt wurden viele eisenzeitliche Fundstellen bei Rettungsgrabungen im Zuge von Bauvorhaben dokumentiert. Interessant ist das Vorkommen verschiedener latènezeitlicher Eisenverhüttungsplätze im sonst siedlungsfreien Gebiet des Donaumooses, die mit dem Abbau von Raseneisenstein in Zusammenhang stehen. Die Nähe zum Oppidum von Manching im angrenzenden Landkreis Pfaffenhofen dürfte eine bedeutende wirtschaftliche Rolle für diesen Siedlungsraum in der jüngeren Latènezeit gespielt haben.